Dienstag, 27. August 2013

Ein Schatten. Unsichtbar und leis wie fallender Schnee! ~ Kurzgeschichte

Ein Schatten. Unsichbar und leis wie fallender Schnee.

19.08.2010
Ich saß auf einer Bank. Im Regen. Allein. Das war nichts ungewöhnliches. Ich war oft allein. Niemand warf mir fragende Blicke zu wenn ich irgendwo alleine war. Ob allein in der Stadt, allein im Zimmer, allein im Wald oder allein in der Schule, war egal. Ich war immer allein. Doch nicht weil ich gerne alleine war. Ich hasste die Einsamkeit. Doch ich konnte ihren Fängen nicht entfliehen. Sie zerrten an mir und ließen mich nicht los. 
Ich war so einsam. Unsichtbar für die anderen. Mausgrau nach außen und eiskalt in mir drinnen. Die Einsamkeit, mein einziger ständiger Begleiter, gleich nach der eisigen leere die ich immer in mir drinnen spürte. 
Ich wusste nicht wieso ich so unbeachtet war. Wenn ich in eine andere Stadt zog oder in der Schule die Klasse wechselte war es immer wieder dasselbe. Ich wurde nicht beachtet. Niemand saß gern neben mir in der Schule. Sie taten so als würden sie mich überhaupt nicht sehen. Das Kränkte mich oft. Es tat weh allen egal zu sein. Sogar meine Eltern taten als existiere ich gar nicht. Jeden Abend saß ich in meinem Zimmer und weinte. War ich denn wirklich allen egal? Wieder kullerte eine Träne meine Wange hinab. 
Ich erinnerte mich an den heutigen Katastrophalen Schultag.
Ich saß alleine an meinem Platz, niemand stand bei mir und redete mit mir sondern sie alle waren Grüppchenweise verteilt. Mich irgendwo dazu zu stellen traute ich mich nicht. Ich hatte es einmal versucht und dann lieber gelassen. Unsere Klassenlehrerin hatte den Raum betreten und langsam waren meine Klassenkameraden zu ihren Plätzen getrottet, doch ihre Gespräche erstarben natürlich nicht sofort. Jessika, meine Tischnachbarin setzte sich neben mich und redete aufgeregt mit Chantal. Kamilla (sie roch immer so stark nach Kamille, daher der Spitzname) strahlte über das ganze Gesicht. „Ich freue mich schon riesig auf Samstag. Mein 16 Geburtstag, den ich mir so herbei gesehnt habe. Meine Eltern haben mir erlaubt eine große Party zu schmeißen. Ich habe schon alle aus der Klasse eingeladen.“ schwärmt sie. „Das weiß ich doch schon.“ lachte Chantal. Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag. Ich hatte keine Einladung bekommen. Sie wollte mich nicht dabei haben. Oder hatte mich einfach vergessen. Das passierte allen ständig und immer. Der Unterricht hatte begonnen und wie immer hatte ich still und leise auf meinem Platz gesessen und traurig vor mich hin gestiert. Keine Einladung. Mal wieder vergessen worden...oder absichtlich nicht eingeladen worden. Ich seufzte. Niemand bemerkte es. Kamilla die ja direkt neben mir saß bemerkte es nicht einmal. 
In der zweiten großen Pause war ich um mir etwas zu gönnen zum Schulkiosk gegangen und hatte mich ordentlich angestellt und lieb gewartet. „Ein Fladenbrot.“ hatte ich gesagt. „Ein Fladenbrot.“ ertönte die Stimme eines Fünft Klässlers hinter mir. Er stellte sich neben mich. „Hier.“ sagte die Zuständige Acht Klässlerin und reichte dem Jungen das letzte Fladenbrot. Gefrustet ging ich zurück zur Klasse. Schon wieder. 
Der Rest des Schultages war in einer Ewigen Qual zu Ende gegangen und noch immer gefrustet ging ich nach Hause. 
Nun saß ich hier und wischte mir schon wieder eine Träne von der Wange. Ich konnte ein lautes schluchtzen nicht unterdrücken. Das war nicht fair. Nun weinte ich richtig. Tränen liefen mir über die Wangen und ich weinte und weinte. Niemand der vorbei laufenden Menschen beachtete mich. Ich vergrub das Gesicht in den Händen und schluchzte unaufhörlich. 
„Liebes, kann ich dir vielleicht helfen?“ vernahm ich eine besorgte Frauenstimme neben mir. Ich hob erstaunt den Kopf aus den Händen und sah sie aus tränen verschmierten und geröteten Augen an. Vor mir stand eine ältere Dame mit grauen, lockigen, kurzen Haaren und vielen Falten im Gesicht. Sie trug einen knall pinken Lippenstift und hatte grasgrüne Augen. Sie war schlank und ziemlich Unmodern gekleidet, außerdem trug sie ein Handtäschen und einen Sonnenschirm bei sich. Plötzlich als jemand mit mir Sprach war ich Stumm. Was stimmte bloß nicht mit mir? „Wie heißt du Herzchen?“ fragte sie und ließ sich neben mir auf die Bank sinken. „Kesja.“ antwortete ich mit brüchiger Stimme. „Ich bin Odette. Freut mich wirklich Kesja.“ sie lächelte mich mit einem herzlichen lächeln an. Ich wischte mir mit meinem linken Ärmel übers Gesicht und lächelte Odette zaghaft an. „Was ist los mit dir mein Kind?“ fragte sie erneut. „Mit mir stimmt etwas nicht. Ich bin Unsichtbar für alle anderen. Ich bin wie ein Schatten. Unsichtbar und leise wie fallender Schnee.“ beklagte ich mich todunglücklich. Ein lächeln huschte über das Gesicht von Odette. „Ich sehe dich klar und deutlich. Ich höre die Klar und deutlich. Traurig wie ein Bestatter und hübsch wie ein wunderschöner Schmetterling. Das passt nur leider nicht zusammen. Leg deine Traurigkeit ab. Ich kenne da einen schönen Platz. Der wird dir gefallen Herzchen.“ sie strahlt und streckt eine Hand nach mir aus. Ich zögere. Einer wildfremden Frau zu folgen ist nicht gerade das klügste aber...ich nehme ihre Hand. Sie schließt ihre um meine und lächelt  mich an. „Komm mein kleiner trauriger Schmetterling ich bringe dich zu einem Ort wo du dich niemals wieder einen Schatten nennen wirst.“ sie strahlte. Ich lächelte sie an. Kleiner, trauriger Schmetterling. Ob das wirklich auf mich zu traf? Ich war immer ziemlich farbenfroh gekleidet um aufzufallen (was nie wirklich geholfen hatte) aber einen Schmetterling hatte mich noch keiner genannt. Ich grinste, stand auf und klemmte mir eine lose strähne hinters Ohr. 
Das nächste was ich sah war ein helles, blendendes Licht und ich musste die Augen schließen. Als ich sie wieder öffnete, war das Licht erloschen und zwei riesige Schneeweiße Flügel breiteten sich hinter Odettes Rücken aus. „Was bist du?“ keuchte ich. Sie lächelte noch immer. „Ein Engel.Ich bin gekommen um dich mit ins Paradies zu nehmen. An einen besseren Ort. Komm Herzchen. Beende dein Geister da sein.“ erneut geblendet von einem viel helleren Licht als zuvor verschwand Odette und ich mit Ihr.

12.05.2004

Trauriger Todesfall. 
Am 07.05. starb die 16 Jährige Kesja Hawl an einem Autounfall. Das Auto fuhr bei einer Ampel über Rot und traf Kesja Hawl, die gerade den Bürgersteig verließ. Der 16 jährigen war nicht mehr zu helfen, sie starb sofort an ihren Verletzungen. 



Ellen

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