Getäuscht!
Es klingelte zum Unterricht und
ich legte noch einen Zahn zu. Oh Gott war das peinlich gleich am
ersten Schultag in der neuen Schule zu spät zu kommen. Beinahe wäre
ich in eine streng aussehende Lehrerin mit einem Dutt und leuchtend
grünen Augen hinein gerannt. „Langsam.“ mahnte sie. Ich wollte
gerade blindlings weiterrasen da blieb ich doch stehen.
„Entschuldigung. Ich bin neu hier und weiß nicht wo ich hin muss.
Können sie mir helfen?“ fragte ich mit meiner süßen
zwitschernden Stimme. Die Lehrerin sah mich genau an. „Wie heißt
du denn?“ fragte sie. „Mein Name ist Amilia Gleiß.“ antwortete
ich gehorsam. Die Lehrerin lächelte. „Das trifft sich gut. Dann
komm mal mit ich bin deine neue Klassenlehrerin Frau Seiz.“
begrüßte sie mich und winkte mich näher zu sich heran. Ich seufzte
erleichtert und folgte ihr den Flur entlang.
Schon draußen auf dem Flur vor
dem Klassenraum war ein Ohrenbetäubender Lärm zu hören und Frau
Seiz kniff wütend die Augen zusammen. Ihr grünen Augen funkelten
Gefährlich. „Nicht einmal Fünf Minuten kann man zu spät kommen.“
ärgerte sie sich. Sofort war die Panik der letzten Wochen wieder da.
Jede Nacht vor dem einschlafen hatte ich mir diesen Augenblick
vorgestellt. In meiner alten Klasse war ich immer die Aussenseiterin
gewesen. Was wenn ich das jetzt wieder werden würde? Frau Seiz
öffnete mir die Tür und ich bedankte mich höflich und ging in
meine neue Klasse. Etwa Dreißig Augenpaare waren auf mich gerichtet.
Ich blieb stehen und starrte ängstlich in die Runde. Frau Seiz
schob mich weiter in die Klasse und stellte sich dann hinter ihr Lehrer pult Mich ließ sie allein vor den gaffenden Blicken meiner
Klassenkameraden zurück. Ein Murmeln ging durch die Runde und einige
von ihnen kicherten sogar. „Seht nur eine Elfe!“ rief ein junge
aus eine der hinteren Reihen und fing lauthals an zu lachen. Ich
schwieg und wartete ohne auf die Rufe der anderen zu achten. „Ruhe
jetzt!,“ griff Frau Seiz schließlich ein.“,Das hier Amilia eure
neue Mitschülerin. Amilia erzähl doch etwas über dich.“ Ich
wartete noch einen Moment dann holte ich tief Luft und stellte mich
vor. „Ich bin Amilia und ich bin letzte Woche mit meiner Familie
nach Bremen gezogen. Ich bin 11 Jahre alt und vom Sternzeichen her
ein Zwilling.“ mehr fiel mir nicht ein. Als das lang anhaltende Schweigen langsam unangenehm wurde griff meine neue Lehrerin erneut
ein. „Setzt dich doch in die dritte Reihe neben Milian.“ sagte
sie und deutete auf den einzig leeren Platz neben dem Jungen der mich
vorhin Elfe genannt hatte. Na toll! Trotzdem ging ich ohne Widerspruch zu dem leeren Platz und ließ mich auf den Stuhl fallen.
Ich pustete mir eine Strähne aus dem Gesicht die sich aus meinem
Zopf gelöst hatte. „Ich bin Milian.“ stellte mein Nachbar sich
vor. „Hab ich mitbekommen.“ antwortete ich verunsichert. Vorne begann der Unterricht und ich versuchte mich darauf zu konzentrieren.
Nach einer Weile fing ich an mich zu langweilen denn die Lehrerin
redete nur belangloses Zeug von dem neuen Halbjahr. Ich blickte in
die Fensterscheibe die mein Spiegelbild wiedergab. Irgendwie hatte
dieser Milian ja recht. Ich sah wirklich aus wie eine Elfe.Ich hatte
eine zierliche Statur und war nicht besonders groß für mein Alter.
Meine Dunkelblonden Haare waren ordentlich zu einem glatten langen
Zopf gebunden und fielen mir über den Rücken. Meine Haut war Zart
und hatte eine helle beinahe weiße Farbe. Dazu kamen eine kleine
Stupsnase und ein roter schmaler Mund. Durchdringend sahen meine
hellblauen Augen mich prüfend an und ich musste lächeln. Es war ein
Unschuldiges lächeln. Es hatte etwas schüchternes an sich und ließ
mich niedlich aussehen. „Was machst du da?“ fragte Milian mich
verwirrt. Ich wandte den Blick von meinem Spiegelbild ab und sah nun
meinen Klassenkameraden an. „Nichts. Ich habe bloß nachgedacht.“
wich ich aus.
Als es zur Pause klingelte war
Frau Seiz noch immer nicht zum Unterrichten gekommen. Dennoch packte
sie Seelenruhig ihre Tasche und marschierte nun aus dem Klassenraum.
Vor der Tür blieb sie stehen. „Alle nach draußen. Los geht’s!“
rief sie und fröhlich eilten alle nach draußen. Ich folgte ihnen
und blieb unschlüssig auf den Schulhof stehen. Ich fühlte mich
unwohl und wünschte mir meine Familie wäre schon letztes Halbjahr
hierher gezogen. Dann wäre ich jetzt nicht in dieser Lage. Währe
ich vor einem Halben Jahr in die Klasse gekommen wäre es allen
genauso gegangen wie mir. Ich hasste Veränderungen. Ebenso habe ich
auch den Umschwung von der Vierten in die Fünfte Klasse gehasst.
Jetzt jedoch kannten sich schon alle und ich war die einsame neue.
„Hey Elfe. Komm doch hierher.“ rief eine Stimme die ich
Mittlerweile schon meinem Bank Nachbarn zu ordnen konnte. Sonst nannte
mich ja auch niemand Elfe. Zumindest noch nicht. Ich ging zu ihm.
Sechs weitere Kinder aus meiner Klasse standen auch bei ihm. Oder er
bei ihnen? Jedenfalls musterten sie mich alle wieder genau wie vorhin
in der Klasse. „Willst du mit Fußball spielen?“ fragte mich
Milian. Ich lächelte. „Klar.“ sagte ich. Milian und ein weiterer
Junge namens Thomas durften Wählen. „Ich will die Elfe im Team.“
rief Milian gleich. Überrascht als erste aufgerufen worden zu sein
stellte ich mich zu ihm. Das Wählen ging zügig nur bei den letzten
beiden stritten sie sich kurz. „Kevin!“ rief Thomas und Milian
motze. „Kannst du nicht Silvia nehmen?“ „Nein, ich bin dran und
ich wähle Kevin.“ Thomas blieb Stur. So kam Silvia in unser Team
und mit ihr waren Hendrik,Frank und Doris meine Mitspieler. Im
Gegnerischen Team spielten Thomas,Kevin,Robin,Sara und Klaus.
Nach der Pause liefen wir zu
Zehnt verschwitzt zurück zur Klasse und ich war wirklich zufrieden.
Nach nur einer Woche hatte ich
mich eingewöhnt und war ein Teil der Klasse geworden. Dadurch das
ich zu Milians Truppe gehörte genoss ich sogar einen gewissen Stand.
Am liebsten waren mir meine – wie ich sie neuerdings nannte –
besten Freundinnen Robin und Silvia. Ebenso Milian selbst mochte ich
auch. Wenn ich gar nicht mochte waren Tristan und Klea. Woran ich
mich erst noch gewöhnen musste waren das alle in der Klasse
Spitznamen trugen. Milian nannten sie alle den „Held“. Silvia war
die „Prinzessin“ und Robin die „Schwalbe“ (Wie sie darauf
kamen konnte mir niemand beantworten). Ich behielt meinen Namen den
ich ab den ersten Tag bekommen hatte. Ich – die Elfe – war
bekannt als beste weibliche Fußballspielerin der Klasse, als
Streberin und als Unschuldsengel. Letzteres ärgerte mich ziemlich
daher beschloss ich das zu ändern.
Frau Seiz stand an der Tafel und
schrieb geduldig eine Mathe Formel an die Tafel. „Wer kann die
Lösen?“ fragte sie und sofort meldete ich mich eifrig. „Amilia!“
nahm sie mich erfreut dran da sich niemand anderes meldete. Ich ging
nach vorne und nahm ihr die Kreide aus der Hand. Dann fing ich an die
Formel zu lösen. Ich erntete ein Lob und lief zurück zu meinem
Platz.
In der Pause dann hatte ich
alles schon vorbereitet. Die Sonne schien vom Himmel und allen war
heiß. Ich schlich zum Lehrerparkplatz sehr darauf bedacht nicht
gesehen zu werden. Rasch sprang ich hinter ein Auto als ich Tristan
in der nähe entdeckte. Glücklicherweise bemerkte er mich nicht.
Dann schlich ich weiter und holte einen Schwamm und Fünf Tuben mit
Zahnpasta heraus. Ich öffnete die erste Tube und leerte sie auf dem
Schwamm dann fing ich an damit ein blaues Auto zu „putzen“. Wem
es gehörte wusste ich nicht. Das machte ich solange bis alle Fünf
Tuben leer waren. Schließlich warf ich die leeren Tuben und den
Schwamm in den Müll und schlich zu den anderen zurück. Jedoch nicht
ohne mir vorher die Hände zu waschen. „Wo warst du?“ fragte
Robin mich. Ich lächelte geheimnisvoll. „Ach ich musste was
erledigen.“
Am ende der vierten Stunde
knackte wie von mir erwartet Der Lautsprecher und unser Direktor
begann zu sprechen. „Der Schüler oder die Schülerin die den
blauen BMW mit ZAHNPASTA beschmiert hat meldet sich unverzüglich im Sekretariat “ polterte der Schulleiter Herr Triesmann. Stille. „Hat
jemand eine Ahnung wer das war?“ fragte Frau Seiz sogleich. Niemand
antwortete. Keiner wusste es. Bis auf mir natürlich. Ich
unterdrückte ein lächeln und setzte meine Unschuldsmiene auf.
In der nächsten Pause ertönte
die nächste durchsage. Sie war noch aufgebrachter als die erste und
wenn jetzt rauskommen würde das ich das war konnte ich einpacken. Es
war also Zeit zu handeln. Ich tippte also Milian auf die Schulter.
„Held? Kommst du kurz mit?“ fragte ich und sah ihn
eingeschüchtert an. Verwirrt sah er mich an aber er folgte mir zum
Lehrerzimmer. Zufälligerweise kam Frau Seiz gerade heraus. „Huch?
Was wollt ihr denn hier?“ fragte sie bedachte mich mit einem
lächeln und Milian mit einem misstrauischen Blick. Verlegen sah ich
auf den Boden und schob meine Fußspitze hin und her. „Ich wollte
zu ihnen.“ sagte ich und malte mir gedanklich einen Heiligenschein
auf den Kopf. „Ja? Was gibt es Amilia?“ fragte sie freundlich.
„Wegen dem Auto auf den Lehrerparkplatz...“ fing ich an. „Ja?“
fragte sie erneut und warf Milian einen weitern Blick zu. „Ich
glaube ich weiß wer das getan hat.“ machte ich weiter. „Wer war
es denn?“ fragte sie weiter. „Naja. Ich bin in der Pause zu
meinem Fahrrad gegangen weil ich etwas vergessen habe und holen
wollte da...hab ich...“ stotterte ich unglücklich. „Was hast
du?“ hakte Frau Seiz nach. „Da hab ich Tristan bei dem Auto
gesehen. Ich wollte aber nicht petzten. Aber jetzt habe ich ein ganz
schlechtes Gewissen bekommen und Herr Triesmann klang so aufgebracht
da musste ich es einfach sagen. Ich hab mich aber nicht allein
getraut.“ fügte ich mit einem Blick auf Milian hinzu. Frau Seiz
riss die Augen auf. „Das war vollkommen richtig von dir Amilia. Ich
übernehme das jetzt. Danke für deine Hilfe.“ sagte sie und
marschierte davon. „Den kauf ich mir jetzt. Das Auto vom
Schulleiter zu beschmutzten.“ murmelte sie vor sich hin. Ups, kein
wunder das Herr Triesmann so aufgebracht war. Milian starrte mich mit
offenen Mund an. „Man, das Tristan sich so was traut.,“ sagte er
und ich hörte erfurcht in seiner Stimme. „,Der bekommt jetzt Probleme.“ Ich lächelte hinterhältig. „Bloß das es nicht
Tristan war.“ sagte ich. Verwirrt sah er mich an. „Was redest du
da Elfe?“ fragte er. Dann verstand er. „Wow, Elfe nicht schlecht.
Du bist ja richtig fies.“ er grinste breit und packte mich am Arm.
„Komm. Das müssen wir den anderen erzählen. Aber vorher müssen
sie schwören es niemanden zu sagen. Du bist unser Ass im Ärmel.
Dich würde nie jemand verdächtigen. Du bist doch die kleine
Streberin.“ Er war ganz aufgeregt. Ich lächelte vor mich hin. Was
tut man nicht alles um dazu zu gehören?
Ellen