Donnerstag, 20. Februar 2014

Kurzgeschichte ~ "Was sie wohl von mir denken mögen?"

Was sie wohl von mir denken mögen?

Hat sich die ganze Welt gegen mich verschworen? Wieso sehen sie mich so an? Habe ich gerade etwas dummes gesagt? Diese Gedanken verfolgen mich. Fressen sich in meinem Kopf und treiben mich in den Wahnsinn. Sie machen mich nervös und ängstlich. Ist doch egal, was die anderen von dir denken, hört man immer wieder. Aber wem ist das schon komplett egal? Tief in unserem Innern wollen wir doch alle gefallen. Dazugehören. Beliebt sein.
Nervös streiche ich mir eine Haarsträhne aus der Stirn. Wieso ist das so? Wieso macht mich der Gedanke so nervös, etwas falsches zu tun? Habe ich Angst davor ausgelacht zu werden? Verhöhnt zu werden? Aber das tun sie doch sonst auch nicht. Unsicher werfe ich einen Blick nach hinten. Dort sitzen sie alle. Schreiben ihre Texte und hören zu. Warten darauf, dass etwas interessantes passiert. Mein Name fällt und ich drehe mich hektisch nach vorne um. Dabei stoße ich meine offen gelassene Apfelsaftschorle um und sie ergießt sich gnadenlos über meinen Stapel mit Blättern. Ich werde rot und versuche hektisch alles aufzuwischen. Das darf doch nicht Wahr sein. Wieso bin ich immer so Tollpatschig? Ich höre die anderen reden und einzelne Lacher. Jetzt haben sie was sie wollen und ich? Ich stehe kurz davor die nerven zu verlieren. Hektisch nehme ich die Tücher entgegen die mir meine Lehrerin reicht. Schnell wische ich den Saft auf, doch meine Blätter sind hinüber. Na, toll. Ich war doch schon fertig damit geworden. Während ich die Tücher in den Mülleimer bringe starre ich zu Boden. Dann gehe ich zu meinem Platz zurück. „Tschuldigung.“ murmle ich kaum vernehmbar. Damit hat sich wenigstens meine Antwort auf die Frage der Lehrerin erspart. Die Schrift auf meinen Arbeitsbögen ist nicht mehr zu entziffern. Doch die Lehrerin sieht mich noch immer an. Sie lächelt und wartet anscheinend auf eine Reaktion von mir, doch ich starre sie nur verständnislos und verängstigt an. „Wie bitte?“ bringe ich schließlich hervor. „Ich fragte gerade, ob du später einmal fünf Minuten für mich Zeit hättest.“ antwortet meine Lehrerin. Oh Gott. Ich nicke knapp. Dann wendet sie ihre Aufmerksamkeit wieder der Klasse zu. Was die wohl jetzt von mir denken mochten?

Nach der Stunde blieb ich im Klassenraum zurück und sehe Erwartungsvoll zu meiner Lehrerin auf. Ich wollte es schnell hinter mich bringen. „Ist alles in Ordnung mit dir? Du bist in den letzten Tage so nervös.“ fragt sie freundlich. Ich schlucke. „Alles okay.“ lüge ich und mache Anstalten mich umzudrehen. „Du brauchst nicht immer so schüchtern zu sein. Du bist klug und deine antworten sind immer richtig, aber es wäre von großem Wert, würdest du dich mal von dir selbst aus melden. Du brauchst dir keine Gedanken über deine Mitschüler zu machen, selbst wenn deine Antwort falsch ist, sie alle machen auf Fehler.“ erklärte sie und ich nicke wieder. „Es ist mir egal was sie von mir denken.“ sage ich und versuche es mir selbst einzureden. Sie nickt zufrieden. „Gut so.Schön, dass du es versuchen magst.“ dann entlässt sie mich.

Die nächste Stunde. Die gleiche Lehrerin. Das System meiner neuen Schule verstehe ich nicht. Wieso legen sie eine Doppelstunde zwischen die Pausen? Das bringt doch nichts, denke ich und spiele mit einer meiner Haarsträhnen. Dann jedoch lasse ich sie fallen. Das sieht eingebildet aus. Mit Sicherheit. Bei jeder Frage, sieht mich meine Lehrerin Hoffnungsvoll und voller Erwartung an, doch immer wenn ich mich melden will, vergesse ich was ich sagen will. Bei ihrer nächsten Frage zuckt meine Hand kurz. Das war es auch schon. Die darauf folgende Frage, kann ich nicht länger ignorieren. Sie ist so einfach und keiner sonst weiß die Antwort. Zögerlich hebe ich meinen Arm und auf dem Gesicht meiner Lehrerin breitet sich ein strahlendes lächeln aus. „Ja?“ fragt sie und sieht mich an, als hätte ich ihr gerade eine gratis Ticket nach Paris geschenkt. Inklusive Hotel. Ich rassle die Antwort runter und siehe da, sie ist richtig. „Streber.“ höre ich von hinten eine Stimme und ich erstarre. Langsam drehe ich mich zur Klasse um. „Es ist mir egal was ihr von mir denkt.“ sage ich und strecke ihnen die Zunge heraus. Meine Tischnachbarin, knufft mich in die Seite und grinst. Zaghaft lächele ich sie an. Dann wende ich den Blick ab. War das die Reaktion die sie von mir Erwartet hat? Ich hoffe es doch fühlte mich dennoch schrecklich dämlich, dass ich nicht zu mehr Fähig gewesen bin. Was sie wohl von mir denken mag? Ich seufzte leise. Ich bin vermutlich der einzige Mensch der Welt der sich so viele Gedanken darüber macht was die anderen von mir denken. Den rest der Stunde, starre ich auch meinen Tisch.


Lehrerin:

Ein Handy klingelt und ich habe ein ungutes Gefühl. Handy's sind in der Schule strengstens verboten. In der Tasche haben, ja. Aber es Anzuschalten ist ein schweres Vergehen. Das klingeln kommt aus meiner Tasche. Ich als Lehrerin hätte meines zumindest leise schalten können. Ich sehe zu meiner Klasse und werde rot. Mein Sohn musste wieder an meinem Handy herumgespielt haben. Diesen Klingelton habe ich bestimmt nicht gewählt. Das Lied „Barbie girl“ von Auqa erschallt im ganzen Raum. „Wessen Handy ist das?“ fragt eine meiner Schülerinnen. Rasch gehe ich zu meiner Tasche und krame mein Handy heraus. Dann drücke ich den Anruf schnell weg. Die Klasse bricht in Gelächter aus und ich stecke das Handy – diesmal Lautlos gestellt – zurück in meine Tasche. Dann überspiele ich meine Verlegenheit mit einem lächeln. Was meine Klasse jetzt nur von mir denken mag?

Mir gefällt sie nicht so gut. :/

Ellen

5 Kommentare:

  1. Mir gefällt die Geschichte! :) vorallem der erste Teil.. Sie wirkt so ehrlich - Du hast jedenfalls Talent zum schreiben.
    Liebe grüße

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  2. Ja, den ersten Teil mag ich auch sehr und den zweiten finde ich irgendwie lustig, aber nicht wegen dem, was passiert, sondern wegen der Ironie. Ich nehme an es geht um die gleiche Lehrerin wie im ersten Teil?
    Erst ermutigt sie eine Schülerin dazu, dass es sie nicht kümmern soll, was die anderen denken und plötzlich tut sie es selbst. Also super gemacht =)

    Liebe Grüße
    Luisa

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    1. Ja, es ist die gleiche Leherin und Dankeschön. :D :)

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  3. Hey;-)
    Unsicherheit ist den meisten Leuten kein Fremdwort. Personen (in diesem Falle die Lehrerin) die selbst kein großes Selbstvertrauen haben (und sich Gedanken machen) und trotzdem andere Leute ermutigen etwas zu ändern (zu verbessern) schenke ich den größten Respekt.
    Tolle Geschichte<3 Ich musste kurz auflachen als das Mädchen ihren Klassenkameraden die Zunge raussreckt. Richtig gut ;-D
    Liebe Grüße und genieß den Frühling.
    Weiter so<3
    Nele;-)

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    1. Ja, ich bewundere auch die Menschen (hier die Lehrerin) die unangenehme Situationen einfach mit einem lächeln Kaschieren können. Das fällt mir selbst immer schwer. :)
      Danke ;D ♥
      Du auch, selbst wenn die Sonne die letzten Tage eher zurückhaltend ist. :)

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