Donnerstag, 13. Februar 2014

Kurzgeschichte ~ Ein Blick für das Schöne!

Ein Blick für das Schöne
„Das ist so langweilig hier“ sagte er und verdrehte die Augen. Seine Mutter seufzte schwer. „Es ist nicht langweilig. Genieße doch mal die Aussicht hier. Siehe dir die Umgebung an. Die Blumen, die Bäume und einfach alles. Es ist ein wunderschöner Ort.“ „Nein, es ist ein schrecklich öder Ort.“ widersprach der Junge seiner Mutter und sah sie genervt an. „Du hast einfach kein Auge für das schöne.“ behauptete sie und schloss die Augen. So konnte sie die Sonne viel mehr genießen. Der Junge schwieg nur und sah ihr dabei zu.


Als er erwachte war es dunkel um ihn herum. War er zuhause in seinem Zimmer? Was für ein Tag war es? Wo war er gestern eigentlich gewesen? Fragen über fragen schossen ihm durch den Kopf. Er wollte schon aufstehen, als er merkte dass etwas an seinen Armen zog. Es war ein ekliges Ziehen. Sofort erstarrte er und sah zu seinen armen hinab. Seine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit und er konnte einen Schreckenslaut nicht unterdrücken. Schläuche hingen an seinen armen und als er den Blick durch das Zimmer schweifen ließ, wurde ihm einiges klar. Weiße Wände mit nichts anderen als von Kindern gemalten Bildern bestückt. Monitore neben seinem Bett, sie piepten und taten ihm in den Ohren Weh. Sein Bett mit dünnen weißen Bettzeug lag über ihm. Ein Krankenhaus Zimmer. Ihm schwirrte der Kopf und erst nach einigen Sekunden wurde ihm klar, dass es nicht daran lag das ihm so viel durch den Kopf ging, sondern dass er noch immer halb aufgerichtet im Bett saß und dies allein, ihm alle Kraft kostete. Er lehnte sich zurück. Fühlte sich so schwach. Plötzlich ging die Tür auf und mit dem Licht, dass durch die geöffnete Tür hereinbrach, kam eine Krankenschwester. Als sie bemerkte das er wach war blieb sie angewurzelt stehen. Dann lief sie rasch den Gang hinunter und rief nach jemanden. Als die Krankenschwester wieder das Zimmer betrat, war er schon wieder eingeschlafen.
Als er das nächste mal wach wurde saß sie neben ihm. Die Krankenschwester von zuvor. Sie musste etwa in seinem alter sein. Sie lächelte freundlich zu ihm hinab und sah höchst zufrieden aus. „Was ist passiert? Wieso bin ich hier?“ brach es aus ihm heraus doch er schaffte nicht mehr als ein leises flüstern. „Deine Mutter und du hattet einen Autounfall.“ antwortete sie und sah nicht länger fröhlich drein, sondern mit Mitgefühl in den Augen und ihrer Hand auf seinem Arm hatte sie etwas sehr tröstliches. „Meine Mutter?“ fragte er atemlos. „Sie lebt, doch sie liegt zur Zeit im Koma.“ sagte sie . Bevor er noch etwas erwidern oder auch nur weiter darüber nachdenken konnte, was sie gerade schreckliches gesagt hatte unterbrach sie seine Gedanken auch schon. „Du heißt Liam, richtig?“ Das brachte ihm aus dem Konzept. „Ja.“ antwortete er sichtlich verwundert über diese banale Frage. Seine Mutter lag im Koma, verdammt, wieso fragte sie so etwas dämliches? „Du kannst mich Lu nennen.“ sagte die Krankenschwester.
„Wie geht es meiner Mom heute?“ fragte Liam als er das Krankenhaus mit seinen störenden Krücken betrat. Doch ohne Krücken ging leider noch gar nichts bei ihm. Er würde zusammenbrechen. „Sie ist stabil.“ antwortete Lu, die gerade vorbeihuschte. Schnell eilte er ihr nach, sogut es seine Krücken zuließen. „Heißt das es hat sich immer noch nichts verändert?“ hakte er nach. Sie schüttelte den Kopf und blieb stehen. „Hör mal Liam. Es ist wirklich ein schlechter Zeitpunkt. Es ist heute viel los und ich habe leider keine Zeit für dich. Geh du nur zu deiner Mutter, wir können doch später reden.“ sagte sie und lächelte entschuldigend. Immer war sie in eile. Er hatte es viel lieber gehabt, als sie sich nur hatte um ihn kümmern müssen, als er noch im Krankenbett gelegen hatte. Er mochte sie. In dieser schweren Zeit, war sie die einzige gewesen die für ihn da gewesen war. Er sah ihr nach und warf dann einen Blick den Gang hinunter, der ihn zu seiner Mutter führen könnte. Doch dann drehte er um und verließ langsam das Krankenhaus.


Drei Tage war er nicht mehr im Krankenhaus gewesen. Er brachte es einfach nicht über sich. Die Lage seiner Mutter sei stabil, sagten die Ärzte immer. Doch es änderte sich einfach nichts. Der Weg war anstrengend zu bewältigen mit seinen Krücken. Lose steine brachten ihn zum stolpern und Laub und schlamm ließen ihn beinahe ausrutschen. Allein im Wald zu gehen mit seinen Krücken und dem schwachen Körper war keine gute Idee, doch es war ihm heute egal. Endlich fand er sie. Die Lichtung im Walde, die er immer so langweilig gefunden hatte. Als er sie betrat, stockte ihm der Atem. Es war wunderschön. Er hatte schon seit Wochen nicht mehr so etwas bezauberndes gesehen. Er humpelte zur Mitte der Lichtung und ließ sich vorsichtig ins Gras nieder. Die Lichtung blühte wie eh und je. Überall standen Frühlingsblüher und die Sonne versetzte sie in genau das richtige Licht. Es brachte sie zum Strahlen, aber nicht so das es ihn blendete. Die Bäume die, die Lichtung umkreisten waren allesamt von einem satten grün und standen in verschiedene Richtungen ab. Einige waren hohl, andere steil nach oben gerichtet wie ein Pfeil. Ein paar waren gespalten, als wären sie vom Blitz getroffen worden und wieder andere räkelten ihre Äste so kunstvoll umeinander, dass es etwas unheimlich bezauberndes an sich hatte. Es war ein wirklich wunderschöner Ort. Wieso bloß, hatte er diese Schönheit vorher nicht gesehen? Seine Mutter hatte so recht gehabt und er war blind gewesen. Blind wahrer Schönheit gegenüber. Wie traurig. Doch es war nicht fair. Wieso sah er die Schönheit erst jetzt? Jetzt, wo er alles was er jemals gehabt hatte zu verlieren drohte. Seine Mutter war immer für ihn da gewesen. Sie war der einzige Mensch der zu ihm gehalten hatte, ganz gleich worum es ging und jetzt lag sie im Koma und es wurde einfach nicht besser mit ihr. Er fluchte, als er merkte wie ihm Tränen über die Wangen rannen, hörte jedoch sofort mit dem Fluchen wieder auf. Flüche klangen falsch an diesem Ort. Das schrille klingeln seines Handy's riss ihm aus seinen Gedanken. Lustlos und ohne darauf zu achten wer anrief, ging er dran. Es war Lu. „Deine Mutter ist wach.“ sagte sie ohne jegliche Begrüßung. Sie klang aufgeregt und fröhlich. Zuerst lächelte er darüber wie aufgeregt sie war. Sie arbeitete noch nicht allzu lange im Krankenhaus und war ziemlich leicht zu begeistern. Doch dann sickerten ihre Worte in sein Bewusstsein und er brachte gerade noch ein „Bis gleich.“ hervor bevor er auflegte, seine Krücken schnappte und so schnell den Weg zurücklegte, dass es an einem Rekord grenzen musste.
Keine halbe Stunde später betrat er das Krankenhaus. Er hatte dem Taxifahrer mächtig unter Druck gesetzt, jedoch auch nicht mit Trinkgeld gespart, nachdem dieser die Straße entlang gejagt war wie ein Irrer. Insgeheim musste es ihm wohl Spaß gemacht haben, mal endlich so richig durch die Straßen zu sausen. Doch Liam konnte nur an seine Mutter denken. Er stürmte beinahe ins Krankenhaus und Lu wartete bereits auf ihn. „Da bist du ja. Sie ist wieder eingeschlafen, aber sie wird sicher wieder. Das Koma jedenfalls hat sie weit hinter sich gelassen.“ sagte sie zur Begrüßung und er umarmte sie, einfach, weil er so erleichtert war. Dann führte sie ihn ins Zimmer seiner Mutter. Viel hatte sich nicht geändert. Sie lag noch immer beinahe leblos da, doch allein das wissen das sie nur schlief beflügelte seine Seele. Er ging zu ihrem Bett und nahm die Hand seiner Mutter. Sie war dünn und knochig, doch sie war am Leben. „Sie wird wieder.“ sagte Lu nun sicher zum dritten Mal überglücklich und er sah sie an und schenkte ihr ein strahlendes lächeln. Eine zarte röte schoss ihr ins Gesicht und sie lächelte unsicher zurück. So hatte er sie noch nie angestrahlt. Doch er wollte gar nicht mehr damit aufhören. Schließlich hatte er endlich seinen Blick für das schöne gefunden und so schnell würde er seine Augen nicht wieder von ihr abwenden.

Ellen



6 Kommentare:

  1. Das wäre ein passender Beitrag zum Valentinstag gewesen:)

    Ich finde die Geschichte wunderschön!
    Ich mag es, wie du herüber bringst, wie Umstände und Menschen jemanden verändern können. Und das nicht jeder "Wink mit dem Zaunspfahl" einen ausknokt, sondern dass man nach einem kräftigen Schlag sich umdreht und plötzlich etwas sieht, was man bisher nicht beachtet hat.

    Sehr schön, bin begeistert :)

    Liebe Grüße > darkest.heart

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    1. Vielen Dank. Ich bin froh, dass es anscheinend richtig rüber gekommen ist, so wie ich es mir erhofft habe. :)

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  2. Hey :)
    wir haben einen TOP 10 Blogs- Post gemacht und deine 2 Blogs sind auch dabei ;).
    Wir würden uns sehr freuen wenn du mal vorbeischauen könntest:
    http://marybeckybffblog.blogspot.de/2014/02/top-10-blogs_6548.html

    LG Mary & Becky ♥

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  3. Hey;-)
    Nur zwei Worte:
    Richtig gut!!!!!
    Liebesgeschichte und Happy End. Das finde ich gut. Zum Glück ist die Mutter nicht getorben<3 Ich finde super, dass der Junge doch noch die wahre Schönheit entdeckt hat!!
    Du kannst echt gut schreiben. Es macht echt Spaß deine Geschicihten zu lesen!!
    Weiter so<3
    LG, Nele;-D

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    1. Dankeschön. ♥
      Freut mich dass es dir gefällt :D ;) ♥

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