Hier wie angekündigt die zweite Kurzgeschichte. :)
Der Mann
„Rika, Vergiss nicht Pia nach
der Schule abzuholen.“ erinnerte Mom mich nun schon zum 100 mal.
„Ja Mom. Ich weiß. Ich hole sie jeden Donnerstag ab und hab sie
noch nie vergessen.“ ich verdrehte die Augen über ihre Besorgnis.
„Ich sag es ja nur.“ meinte sie und rannte auch schon zu ihrem
Auto. Ich rannte ihr nach. „Denkt dran ich bin heute Abend auf der
Party von Lisa.“ rief ich. „Alles klar.“ rief sie zurück und
die Autotür knallte zu. Sie war wie immer zu spät dran. Wenn sie
sich nicht immer so viele Sorgen machen würde wäre sie jeden Morgen
überpünktlich. Ich meine sie traute mir ja rein gar nichts zu. Sie
sprach mit mir als wäre mein Gehirn ein Sieb und alles was sie sagte
würde sofort wieder vergessen werden. Sie war der Ansicht Teenagern
(wie ich es hasste) müsste man alles 3 mal sagen, sonst vergaßen
sie es. Ich machte mich seufzend auf den Weg zur Schule. Donnerstags
musste Mom immer länger arbeiten und hatte somit keine Zeit Pia von
der Schule abzuholen. Ich war ja der Meinung das Pia auch alleine
nach Hause gehen konnte wie alle anderen in ihrem Alter. Ich meine
sie war 7 und ihre Schule war höchstes eine Viertelstunde von uns
entfernt. Aber auf mich hörte ja nie jemand. Ich hatte es aufgegeben
mit Mom vernünftig reden zu wollen. Ich hatte sowieso beinahe völlig
aufgehört mit Mom zu reden. Sie war so über besorgt das es wirklich
nur noch nervte. Was sollte in einer Kleinstadt wie dieser denn
passieren?
Als ich nach der Schule meine
kleine Schwester abholte war diese ganz fröhlich. Wie immer. Sie
fand es ja so cool von ihrer 16 jährigen großen Schwester abgeholt
zu werden. „Wie war es in deiner Schule?“ fragte Pia mich und sie
klang schon genauso wie Mom. „Ganz nett.“ gab ich zur Antwort.
Dann schwieg ich. „Willst du denn gar nicht fragen wie es bei mir
war?“ fragte sie kichernd. „Na schön. Wie war es bei dir in der
Schule?“ fragte ich daher. Sie fing an zu erzählen. Fing an bei
ihrer ersten Unterrichtsstunde und das sie Mathe nun wirklich nicht
mochte und machte weiter das einer ihrer Mitschüler in der Pause
einer Lehrerin einen Ball an den Kopf geschossen hatte. Ganz aus versehen natürlich. „Ja, ich habe auch manchmal das Bedürfnis
meinen Lehrern Bälle an die Köpfe zu schießen. Ich kann Marvin
wirklich verstehen, wieso er das gemacht hat.“ sagte ich trocken.
Sie lachte. Die hältfe des Schulweges lag nun schon hinter uns und
eine Gruppe Schüler lief auf der anderen Straßenseite und grölte laut umher. Wie nervig konnte man sein? Da saß er wieder. Der alte
Mann. Er saß ebenfalls auf der Gegenüber liegenden Straßenseite auf
dem Boden. Unter ihm lag nur eine alte löchrige Decke. Er trug einen
alten, löchrigen Mantel der einmal Kastanienbraun gewesen sein
musste. Dazu trug er eine zerfliessene Jeans und Schuhe die beinahe
schon auseinander fielen. Jedoch in ganz viele winzige Einzelteile
Dazu trug er einen alten schwarzen Hut auf dem Kopf. Der Mann saß
dort jeden Tag. Starr war sein Blick wie immer nach vorne Gerichtet.
„Da ist er wieder.“ sagte Pia und deutete auf dem Mann. Ich
drückte ihre Hand nach unten. „Ich sehe es, aber es ist unhöflich
mit dem Nackten finger auf andere Leute zu zeigen. Der alte hat es
schon schwer genug, da brauch er nicht auch noch Kinder die sich über
ihn lustig machen.“ mahnte ich. Entrüstet sah meine kleine
Schwester mich an. „Ich mach mich überhaupt nicht über ihn
lustig. Alle anderen machen das. Ich nicht.“ rief sie. Milder fügte
sie hinzu:“ Außerdem mag ich ihn.“ „Du kennst ihn doch gar
nicht.“ widersprach ich. „Nein, aber ich finde ihn trotzdem nett
und ich finde es schrecklich das alle anderen immer auf ihm herum
hacken müssen.“ schimpfte sie. Ich nickte. Ich fand es auch
schrecklich. Der alte Mann galt bei den Schülern als Witz Gestalt,
was häufig dazu führte das sie ihn beleidigten und ihn
verachteten. Ich fand das schrecklich. Auch heute war es wieder so.
Die Gruppe von Schülern die vorhin noch laut herum geschrien hatte
baute sich vor dem Mann auf und sie grinsten alle hämisch auf ihn
herab. „Na alter Mann. Kein zuhause? Keine Familie? Niemand der
dich auch nur annähernd mag?“ fragte ein blonder Junge
verächtlich. Er trat lachend Gegend den kleinen Korb der das Geld
für den alten Mann sammelte. Er fiel um und die Münzen rollte über
das Pflaster. Der alte sammelte hektisch die Münzen wieder ein.
Jetzt fegte einer dem alten den Hut von Kopf und sein kahler grauer
Kopf kam zu Vorschein. „Bringt nichts.,“lachte der andere Junge.
„,Ist immer noch hässlich wie eh und je.“ „Das könnte ja
nicht einmal ein Stylist wieder hinbekommen Rick. Wie wäre es mal mit
einer Dusche. Weißt du was das ist?“ fragte ein blondes Mädchen
kichernd. „Wir müssen was tun.“ quiekte Pia. „Komm.“ sagte
ich und ging entschloss, Pia an der Hand hinter mir her ziehend, über
die Straße auf die Gruppe zu. „HEY.“ rief ich. Sie drehte sich
überrascht zu mir herum. „Macht das ihr verschwindet. Habt ihr
nichts besseres zu tun als einem armen Mann, der euch nichts getan
hat, zu beleidigen? Wie armselig.“ fauchte ich sie an. „Was will
die denn jetzt?“ fragte der zweite Junge, Rick. „Oh, wie süß.“
lachte der andere, blonde Junge. „Los verschwindet.“ wiederholte
ich zornig. Diese drei brachten mich wirklich in Rage.
Beschwichtigend hob der Blonde die Hände. „Schon gut, schon gut.
Krieg dich wieder ein Superwoman.“ er lachte. Dann drehten sie sich
um und stiefelten davon. Pia hatte sich der weile gebückt und hob das
restliche Geld vom Boden auf. Ich bückte mich und hob den alten Hut
von der Straße auf und reichte ihm dem Mann. Er sagte nichts. Nahm
ihn nur wortlos entgegen. „Die sind doch bescheuert.“ sagte ich,
doch auch dieses mal schwieg er. Pia hatte inzwischen alles Geld
aufgesammelt und zurück in den Korb gelegt. Er sagte noch immer
nichts. Sah uns nicht einmal mehr an. „Komm.“ sagte ich leise zu
Pia und zog sie weiter. Wie unhöflich, dachte ich und sah noch
einmal zurück. Der Mann sah uns mit starren, leeren Blick nach.
Die Party war nicht so wie ich
sie erwartet hatte. Es ging nur ums Saufen und um Kiffen. Überhaupt
nicht mein Ding. Daher zog ich mich schon um halb Zwölf zurück.
„Hey, ich muss heute leider schon halb Zwölf gehen. Morgen ist
Schule und du kennst ja meine Mom.“ sagte ich zu Lisa, der
Gastgeberin. „Geht klar. Danke das du da warst.“ sie umarmte mich
kurz und ich verschwand dann schnell nach draußen. Weg von dem
Getummel.
Die Straßen waren recht ruhig.
Zum Glück wohnte Lisa nicht allzu weit von unserem Haus entfernt.
Gleich würde ich an der Stelle ankommen wo wir heute den alten Mann
verteidigt hatten. Ich war nicht gerade scharf darauf ihm noch einmal
zu begegnen. Klar, er tat mir ehrlich Leid, dass er so leben musste
wie er es nun einmal tat, aber mir graute es davor ihm im Dunkeln zu
begegnen. Ich konnte im Licht einer einzelnen Laterne die alte
verschlissene Decke, mit einer zusammen gekauerten Gestalt darauf
sehen. Leider war ich dieses mal auf der gleichen Straßenseite. Es
ist doch nur ein alter schlafender Mann, dachte ich krampfhaft und
dennoch fürchtete ich mich ein bisschen. Ob ich einfach die
Straßenseite wechseln sollte? Ich wog die beiden Seiten ab und auch
wenn ich mir dabei ziemlich blöd und wie ein ängstliches Huhn
vorkam, beschloss ich die Seite zu wechseln. Nur für alle fälle. Es
war schließlich schon Stockdunkel und mit Sicherheit gleich Zwölf
Uhr. Es war still. Kein Laut war zu hören. Ich warf dem Mann noch
einen prüfenden Blick zu , er schlief, dann stellte ich mich an
den Straßenrand und ließ ein Auto an mir vorbei brausen, bevor ich
selbst die Straße erneut kontrollierte und langsam und leise auf die
andere Seite zuging. Ein plötzliches lautes brummen ließ mich
aufschrecken und ich sah ein Auto um die Ecke schießen. Noch bevor
es mich erreichte wusste ich das ich nicht mehr ausweichen konnte. Es
raste ohne jede Vorsicht über die Straße, direkt auf mich zu. Ich
schrie auf und wurde im selben Moment nach vorne geschleudert. Hart
knallte ich auf dem Pflaster auf. Hatte das Auto mich erwischt? Nein,
es fühlte sich alles noch gut und heil an. Nur meine Handflächen
brannten vom abfangen des Sturzes und Blut rann meinen Arm hinab. Ich
musste wirklich heftig aufgekommen sein. Aber wie war es möglich das
das Auto mich nicht erwischt hatte? Ich sah mich um. Merkte das ich
zitterte. Das Auto war stehen geblieben und ein Mann stolperte
heraus. Doch mein Blick ruhte nicht auf dem Mann aus dem Auto, sonder
auf der Gestalt die blutend am Boden lag. Es war der alte Mann.
Zitternd kam ich auf die Beine und stolperte auf ihn zu. Dann ließ
ich mich neben ihn fallen. Er sah noch schlimmer aus als sonst. Sein
Bein lag merkwürdig verdreht da und aus einer großen Wunde an
seinem Kopf strömte Blut. Es hatte sich schon eine rote Pfütze gebildet Mir wurde schlecht. Nein. Nein. Nein. Der Arm des Mannes
musste ebenfalls gebrochen sein. Sicherlich auch ein paar Rippen.
„Rufen sie einen Krankenwagen.“ schrie ich dem Wagenfahrer zu.
Benommen und blass sah er mich an. „Ich wollte nicht... ich hab
nicht viel getrunken...“ stammelte er. „Machen sie schon.“
schrie ich. Hastig zog er mit zitternden Händen das Handy aus der
Tasche und ich wandte mich widerwillig wieder dem sterbenden Mann
neben mir zu. Ich überwand mich dazu nach seiner Hand zu greifen.
Blinzelnd öffnete er die Augen und sah sich matt um. Ich könnte
schwören die Sterne in seinen Augen zu sehen. Ich könnte schwören
zu sehen wie das Licht immer weiter in seinen Augen erlosch.“Hilfe
ist unterwegs.“ murmelte ich. Er schwieg. „Warum? Wieso haben sie
mich gerettet?“ flüsterte ich mit krächzender Stimme. Denn genau
das hatte er getan. Er hatte mich beiseite geschubst und sich
geopfert. Der Mann musste große schmerzen haben. Er stöhnte und
öffnete ein paar mal nur den Mund um ihn gleich darauf wieder zu
schließen. Schließlich sagte er mit sehr leiser Stimme. „Du...hast
mir geholfen. Jetzt sind wir...Quit. Du...hast ein gutes Herz...und
dein ganzes Leben noch vor dir.“ „Aber...“ brachte ich nur
hervor. Der Mann sah mir in die Augen. „Ich habe nichts mehr...bin
allein...meine Familie...meine Tochter...habe niemanden...du
erinnerst mich an sie...an Lucy...meine Tochter...ich bin alt...und
so allein...so allein...lebe dein Leben mädchn...lebe es.“ flüsterte er immer
unverständlicher. Immer leiser. „Der Krankenwagen ist unterwegs.“
rief der Mann mit zitternder Stimme. „Es ist zu spät.“ höre ich
mich sagen. Die Hand in meiner ist schlaff und leicht als wäre sie
Hohl. Die Augen des Mannes nach oben gerichtet. Kalt und starr.
Er hatte mich gerettet. Der Mann der von allein verachtet und
beleidigt worden war, war so selbstlos gewesen und hatte mir das
Leben gerettet. „Danke.“ flüsterte ich leise und schloss seine
Augen.
Leider kein Happy end, zumindest nicht für den Mann.
Ellen
Hey :) danke für dein Kommentar :*
AntwortenLöschenUnd wirklich tolle Geschichte *-* :o vor allem zeigt sie genau das, was man immer wieder mitbekommt, vor allem am Anfang als diese Gruppe von teenies den mann so niedermacht
Toll geschrieben! :)
Ebenfalls Danke. :D
Löschenwirklich traurige Geschichte. Aber hat auch eine Gute Moral.
AntwortenLöschen(auch danke für die Netten Kommentare und den Gästebuch eintrag)
LG Janina
Danke fürs kommentieren. :D :)
LöschenEintrag ins Gästebuch? Hab ich da einen gemacht? (Du hast ein Gästebuch? :D) Entweder bin ich vergesslich oder blind. Ich guck einfach mal nach und wenn da keiner ist, mach ich trotzdem einen. :D
Löschenoh sry war Luisa, aber danke für den jetztigen ^^
Löschen:D
Löschen