Schatten
Teil 2
Ich war völlig außer Atem. Wieso musste der Bus immer
genau dann zwei Minuten zu früh eintreffen, wenn ich einmal zu spät
kam? Der Alptraum der vor einigen Tagen durch meine Nächte geschlichen war, ging mir noch immer nicht aus dem Kopf. Ich vermied
es im dunklen durch die Straßen zu gehen und immer bevor ich
schlafen ging, schaltete ich mein Radio an um der erdrückenden
Stille zu umgehen. Und der Dunkelheit. Ich hatte mich nie im dunkeln
gefürchtet. Nicht einmal als Kind hatte ich ein Nachtlicht
gebraucht, was meine Mom immer sehr erstaunlich gefunden hatte, denn
meine ältere Schwester Dina, hatte noch mit sechs eines gehabt. Doch
seit diesem Traum schien die Dunkelheit so fremd und bedrohlich, dass
ich es nicht lange aushielt. Sie war so erdrückend und das ich
nicht sah, was um mich herum passierte machte mich schier Wahnsinnig.
Ich redete mir ein, dass ich albern war, doch das Gefühl ließ sich
auch dadurch nicht vertreiben und eine ständige Angst saß mir im
Nacken. Ich war überrascht welche Macht ein einzelner Traum auf mich
ausüben konnte, besonders da er mir im nachhinein betrachtet
lächerlich erschien. Der Bus fuhr um eine Kurve und ich wurde in
meinen Sitznachbarn gedrückt, einen rundlichen Mann der stark nach
Schweiß stank. Ich versuchte nicht allzu angewidert drein zusehen und
war froh, dass ich an der nächsten Haltestelle aussteigen musste.
Der Bus hielt und ich sprang ins freie. Auf der anderen Straßenseite
stand schon Kim und wartete auf mich. Mit schnellen Schritten hatte
ich die Straße überquert und sie zur Begrüßung in die Arme
genommen. „Hi.“ sagte ich. „Hey, du bist ja völlig außer
Atem.“ sagte sie und sah in mein rotes Gesicht. „Ja, der Bus kam
zwei Minuten zu früh und ich musste ihm hinterher rennen. Sie
grinste mich an. „Das ist doch sonst nicht so deine Art. Seit wann
schert es dich, ob du zu spät kommst oder nicht?“ fragte sie. Ich
knuffte sie in die Seite. „Seit wir einen Biotest schreiben, für
den ich endlich mal gelernt habe. Wofür das gelernte verschwenden?“
Wir betraten die Schule.
So hatte der Tag begonnen. Gut und einfach, wie in einem
Film, der gerade die Friedliche Ruhe vor dem eigentlichen Hauptteil
spielte. Doch war ich kein Schauspieler die in diesem Film
mitspielte. Ich war eine Marionette.
Ellen
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